Die Mehrheitsgruppe steht für einen leistungsfähigen und preiswerten öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) im Landkreis Hildesheim.
Dies bedeutet:
·    gute Anbindung und enge Taktung auch im ländlichen Raum,
·    klare Tarifstruktur, Fortsetzung des Deutschland-Tickets,
·    inklusive Strukturen, die den individuellen Bedürfnissen der den ÖPNV nutzenden Personen entgegenkommt.

Dies vorausgeschickt nimmt die Mehrheitsgruppe wie folgt zum vorgelegten Entwurf des Nahverkehrsplans 2025 Stellung:
1.) Wir danken der Kreisverwaltung für das umfangreiche Werk und die zu seiner Aufstellung geleistete Arbeit, inklusive der Einbindung der Interessierten in regionalen Veranstaltungen.
2.) Wir kritisieren die folgenden Punkte, bzw. regen entsprechende Ergänzungen an:
a.) Der Nahverkehrsplan macht nicht deutlich, an welchen "Schrauben“ seitens der Politik gedreht werden kann. Die komplexen Zusammenhänge zwischen gesetzlichen Bestimmungen, Quellen der Finanzierung und vielen Details, die von Haltestellen, über Busausstattung bis hin zu Linienführung und Tarifen führen, werden zwar angerissen und erklärt, eine Darstellung der Optionen und deren Auswirkungen bleibt aber unklar. So kann diese Stellungnahme keine fundierte Aussage über Kosten und Einsparungen machen, weil dazu die nötige Expertise fehlt.
Trotz der damit verbundenen Mehrarbeit ist diese Darstellung essentiell für eine sachgerechte Entscheidung der Politik. Am einfachsten gelingt die Bearbeitung des Nahverkehrsplans in den unter Punkt 8 dargestellten Maßnahmen und Handlungsfeldern.
b) Der Punkt Mitnahme von Fahrrädern taucht nur in einer Fußnote auf, dabei ist der Punkt zentral für ein Gelingen der Verkehrswende. Eine Fahrradmitnahme reduziert nicht nur das vielfach erwähnte Problem der teuren und aufwendigen Abstellmöglichkeiten, sondern verringert auch massiv die Haus-zu-Haus-Reisezeit. So sind per Rad schneller Haltestellen mit hoher Haltefrequenz erreichbar, auch am Ziel wird die Erreichbarkeit der persönlichen Ziele drastisch erhöht. Insbesondere der massive Absatz von Pedelecs in den letzten Jahren lässt hier an Synergien denken. Wir wünschen uns deshalb klare Strukturen in der Fahrradmitnahme, ggf. auf speziellen Linien und Taktungen. Der Punkt M.V.1 sollte deshalb um diesen Punkt erweitert werden.
c) Die Mehrheitsgruppe hat in ihrer Gruppenvereinbarung die Forderung nach einer Prüfung eines Ring-Expressbus-Systems geschlossen. Dieses System kann aus nachvollziehbaren Gründen nicht umgesetzt werden. Gründe hierfür waren u.a. die Reduktion der Haltepunkte in den kleinen Ortschaften unterhalb von etwa 500 Einwohnenden. Die Mehrheitsgruppe regt an, dass der Nahverkehrsplan an allen Tagen (Mo-Fr, Sa, So und Feiertage, Schulferien) in den Ortschaften oberhalb von etwa 500 Einwohnenden eine Bedienung im Stundentakt in den Haupt- und Normalverkehrszeiten sicherstellt. Die Zeiten in der Tabelle 1, Seite 27 wären entsprechend anzupassen, möglich wären Bedienungszeiten am Samstag von 8-19 Uhr und Sonntag von 9-19 Uhr.
d) Der Landkreis Hildesheim ist mit Schienenpersonennahverkehr (SPNV) - mit Ausnahme des Ostkreises - gut ausgestattet Es kann nicht die Aufgabe des vom Landkreis zu bezahlenden bzw. durchzuführenden ÖPNV sein, offensichtliche Mängel in der Umsetzung der SPNV (Verspätungen, Umsteigeprobleme, Zugausfälle uvm.) zu kompensieren. Dies bezieht sich insbesondere auf die in M.I.2 vorgeschlagenen "Premiumbuslinien". Vielmehr sollen nach Ansicht der Mehrheitsgruppe die Buslinien eine zuverlässige Anbindung an die fahrplanmäßigen(!) SPNV-Angebote sicherstellen und so eine leistungsfähige Verzahnung erlauben. Scheitert dieses Konzept daran, dass der SPNV seine Verpflichtungen nicht einhält, sollte der Landkreis Ersatzverkehre einsetzen und diese den Aufgabenträgern des SPNV in Rechnung stellen.
Das SPNV Angebot im östlichen Kreisgebiet (Anbindung Hildesheim /Braunschweig/ Wolfsburg) ist hinsichtlich der Haltepunkte schwach. Der nächste Haltepunkt vom HBF Hildesheim befindet sich in ca. 17 km Entfernung (Hoheneggelsen). Eine Anbindung des Gewerbegebiets Bavenstedt, des Grundzentrums Schellerten ist jedoch verkehrstechnisch angeraten, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Ausbaus der BBS im Stadtteil Stadtfeld. Im NVP wird im Kapitel 8 als “Denkanstoß” zur Optimierung der Haltepunkt in Schellerten aufgeführt. Es ist unklar, an wen diese Denkanstöße gerichtet sind und welche konkreten Aktionen damit angestoßen werden. Der Landkreis Hildesheim sollte aktiv gegenüber den Aufgabenträger die Haltepunkte im Ostkreis als Anregungen/Wünsche formulieren.

Bis zur Umsetzung weiterer Bahnhöfe sollten
–     weitere ALT Anbindungen an den Bhf. Hoheneggelsen (insbesondere in Schwachverkehrszeiten) angeboten werden 
–    stärkere Buslinien (z.B.  L32) auf der B1, für die ALT-Verbindungen mit Zusteigeoption ermöglicht werden, bzw. geschaffen werden.

e) Es wird im Nahverkehrsplan nicht deutlich, welche Teile Pflichtaufgaben sind, welche Teile in der engeren Daseinsvorsorge angesiedelt sind und welche darüber hinaus freiwillige Leistungen darstellen und welche durch Drittmittel, insbesondere Landesmittel finanziert werden. Es wird auch nicht deutlich, welche Nachteile entstehen, wenn der Landkreis die freiwilligen und nicht durch Drittmittel finanzierten Leistungen reduziert oder einstellt. Angesichts der schwierigen Haushaltslage ist dieser Bereich auch in der Kommunikation mit dem Land Niedersachsen als Genehmigungsinstanz relevant. Hier sind Veränderungen im Entwurf sinnvoll und nötig.
f) Die Maßnahme M.I.3 "Einrichten einer saisonalen Freizeitbuslinie Hildesheim – Holle" erscheint als eine Einzelmaßnahme zur Anbindung eines einzelnen Freizeitangebotes. Sie verläuft weitgehend parallel zu einer Bahnlinie, die an Sonn- und Feiertagen im Stundentakt von Hildesheim über Derneburg nach Goslar (und zurück) verkehrt. 
Eine Ringbuslinie die am Bahnhof Derneburg beginnt und endet, so dass die stündliche Bahnfahrt bedient wird, wäre ein wesentlich lohnenderes Projekt, welches hiermit angeregt wird. 
Im Rahmen dieser Maßnahme könnten bspw. Wanderbuslinien angedacht werden, die Menschen zu Zielen bringen, von denen es sich lohnt zurück zu einem Bahnhof zu wandern und an diesen Wegen liegende kulturelle Einrichtungen zu besuchen. Als Beispiele seien Ziele (= Startorte für Wanderungen) wie Lamspringe, Sibbesse, Bockenem oder Nettlingen genannt.
g) Die Maßnahme M*I.4 "Prüfung: Einrichten einer umsteigefreien, schnellen Direktverbindung Alfeld – Hildesheim" ist in der dargestellten Form eine reine parallele Buslinie zur bestehenden SPNV-Verbindung Alfeld-Hildesheim. Einzig die Fahrt über Sibbesse und Diekholzen würde die Einrichtungen einer solchen Linie rechtfertigen, diese Orte werden jedoch im Entwurf absichtlich ausgelassen. Dabei ist die Strecke über Sibbesse ca. 5 km (etwa 15%) kürzer als über Burgstemmen. Durch die morgendlichen Staus auf der B1 bei der Einfahrt nach Hildesheim dürfte die Fahrzeit nochmals deutlich länger dauern als über Sibbesse. 
Als Alternative sollte eine Landesbuslinie (Stadt Oldendorf -) Eschershausen - Delligsen - Alfeld (Leine) - Sibbesse - Diekholzen - Hildesheim - Hoheneggelsen - Peine geprüft werden. Diese Strecke deckt nicht nur viele Bereiche ohne SPNV-Anbindung ab, sondern vernetzt sie auch idealerweise mit ihm. Statt einer derzeitigen Gesamtfahrzeit von 2h30m per Bahn könnte sie  sich um über 20% auf unter 2h reduzieren lassen.
h) Bedarfsorientierte Verkehre im Südkreis. Es sollte geprüft werden, ob eine Einrichtung eines niederschwelligen bedarfsorientierten Verkehrs im Südkreis auf der Basis vorhandener Fahrzeuge und Strukturen am Wochenende und an Feiertagen möglich ist. Hier könnte auf der Basis "von Fußpfaden im Schnee" die Einrichtung neuer Linien erprobt werden.
Erläuterungen zu „Fußpfaden im Schnee“
Die Planungen von Fußwegen in einem neu angelegten Park folgt sinnvollerweise den Bedürfnissen der Parkbesucher*innen. Andernfalls werden ggf. befestigte Wege angelegt, die niemand benötigt und dort wo die Menschen gehen entwickeln sich matschige Trampelpfade. Deshalb eröffnet man den Park dann, wenn eine geschlossene Schneedecke (Alternativ ein einheitlicher Rasen) besteht und sieht sich nach ein bis zwei Wochen an, welche Wege sich eingeprägt haben. Diese können dann befestigt werden, denn sie entsprechen weitgehend den Bedürfnissen der Parknutzer*innen. Entsprechendes entwickelt sich mit einem niederschwelligen bedarfsorientierten System. Neben regellosem Verkehr kristallisieren sich dann Linien heraus, die etwa zu Bahnhöfen, aber auch zu noch nicht erkannten kulturellen Punkten im Landkreis führen, die dann als entsprechende Linien in den regulären Betrieb übernommen werden können.

i) Es bedarf einer kontinuierlichen Nutzungserhebung, also der anonymen Zählung aller Ein- und Ausstiege. Diese sollte auch mit einer anonym abzugebenden Bewertungsmöglichkeit ergänzt werden, um Probleme frühzeitiger als bisher zu erkennen.
Ergänzend zu den Projekten in Handlungsfeld IV („Ausbau der Fahrgastinformation und -kommunikation“) sollte über eine Plattform nachgedacht werden, auf welcher Nutzende aktuelle Punkte beitragen können. Dies würden überwiegend Beschwerden sein („Bus ist unpünktlich“), sollte aber auch Lob beinhalten. Diese Beiträge sollten eine zeitliche und örtliche Gruppierung ermöglichen um ähnlich wie beim polizeilichen Lagebild, ein Lagebild des ÖPNV im Landkreis Hildesheim ergeben. Im Idealfall entsteht so durch die Beiträge der Fahrgäste eine Hinweiskarte für bestehende Probleme oder auch woanders umzusetzende „Best practice“-Beispiele.
j) PRO.II.6 "PROJEKT: Chancen und Grenzen von Maßnahmen zur Reduktion des Fahrzeugbedarfs in der morgendlichen Hauptverkehrsspitze". Es muss das Ziel des Aufgabeträgers für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern von und zu den Schulen sein, die Verkehrsspitzen zu reduzieren. Insbesondere die höheren Klassen können einen späteren Anfang der "ersten" Stunde verkraften. Der mit dieser Forderung einhergehende Protest, der letztlich Ausdruck der unterschiedlichen Interessen der sogenannten "Lerchen" gegen die der "Eulen" darstellt, sollte in Zusammenarbeit mit den Schulen, geprüft, und in einem wissenschaftlich begleiteten Versuch analysiert werden. 
k) Es soll geprüft werden, inwieweit Haltestellen sinnvoll mit eigenen PV-Anlagen ausgestattet werden können um Betriebsstrom (Beleuchtung, Kommunikation) zu erzeugen. Risiken wie Vandalismus und Diebstahl sind abzuwägen.
l) Der Nahverkehrsplan sollte eine Angabe zum Pfad der Klimaneutralität beinhalten. § 3 NKlimaG schreibt verbindliche Klimaziele für 2030, 2035 und die Klimaneutralität für 2040 vor. Die Mehrheitsgruppe hält es für erforderlich, dass der Nahverkehrsplan zum einen den Beitrag des ÖPNV zur Erreichung des landesweiten Klimaziels benennt, zum anderen die ausführenden Betriebe, insbesondere den RVHI verpflichtet, einen Maßnahmeplan vorzulegen, der die Erreichung der genannten Ziele auch für den jeweiligen Einzelbetrieb sicherstellt.